Brustchirurgie
Die Brust ist nicht allein in ihrer Bedeutung als biologisches Organ zur Ernährung eines Säuglings bedeutsam sondern wie kein anderes Merkmal bei der Frau Symbol ihrer Weiblichkeit. Physiologische, soziale, kulturelle und andere Faktoren beeinflussen das Wohlbefinden einer Frau bezogen auf ihre Brust.
Krankhafte ebenso wie ästhetisch störende Veränderungen können das Erfordernis einer Operation nach sich ziehen. In den vergangenen Jahren hat es eine stürmische Entwicklung auf allen Feldern der Brustchirurgie gegeben. Die Vielzahl der operativen Möglichkeiten kann hier nicht erschöpfend dargestellt werden. Diese Seiten sollen jedoch eine Orientierung bezüglich häufiger Probleme geben.
Brustfehlbildung
Die Form der weiblichen Brust ist sehr verschieden. Eine Frau mit zwei identischen Brüsten kommt wohl auf Titelblättern von Zeitschriften nicht aber in der Natur vor. Eine echte Fehlbildung liegt beispielsweise vor, wenn erhebliche Größenunterschiede (Asymmetrie) vorliegen, die Brust (Amastie) oder die Brustwarze (Athelie) fehlen oder die Form erheblich von der Norm abweicht (z. B. sog. Rüsselbrust). Es gibt auch Fehlbildungsyndrome, wie beispielsweise das POLAND-Syndrom, das neben einer kleinen Brust noch eine Reihe weiterer Symptome wie das Fehlen des Brustmuskels und Handfehlbildungen aufweisen kann.
Auf Grund der Vielzahl der individuellen Ausprägungen ist es unerlässlich, die Möglichkeiten und Alternativen der operativen Behandlung zur Verbesserung der Brustform eingehend zu besprechen. Echte Fehlbildungen der Brust sind Erkrankungen im Sinne des Sozialgesetzbuches.
Die Kosten für eine Behandlung in diesem Zusammenhang können deshalb von den Krankenkassen übernommen werden.
Wiederherstellung der Brustform
In gleichem Maße wie die Einführung der brusterhaltenden Therapie die Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs verändert hat, hat es in den vergangenen beiden Jahrzehnten grundlegende Fortschritte bei den Möglichkeiten der Wiederherstellung der Brustform gegeben.
Die Entwicklung immer differenzierterer, individueller Konzepte hat zu einer Vielzahl von Alternativen geführt, die Brustkontur zu erhalten oder wieder herzustellen. Die Wahl des Zeitpunktes und des Verfahrens beim Brustaufbau wird nicht allein von einem Arzt bestimmt, sondern ist heutzutage die Entscheidung eines Ärzteteams gemeinsam mit der Patientin im Rahmen von zertifizierten Brustzentren. Eine primäre Rekonstruktion nennt man den Aufbau der Brust zum Zeitpunkt der ersten Tumoroperation bzw. bei vorbeugender Brustdrüsenentfernung wegen eines erhöhten, erblichen Risikos. Demgegenüber kann ein sekundärer Aufbau nach Abschluss der eigentlichen Krebsbehandlung, unabhängig ob eine Bestrahlung oder Chemotherapie oder beides stattgefunden hat, zu jedem Zeitpunkt erfolgen, vorausgesetzt die Frau wünscht dies. Eine Brustrekonstruktion ist nahezu immer ein Prozess, der mehrere Operationsschritte erfordert. Neben der Wiederherstellung der Brustform und von Brustwarze sowie Warzenvorhof muss bedacht werden, dass ggf. die Gegenseite mit behandelt werden muss, um eine Symmetrie zu erreichen.
Prinzipiell erfordert die Brustrekonstruktion insbesondere nach einer Amputation zweierlei, die Schaffung eines Hautüberschusses und einen Volumenersatz. Beides lässt sich sowohl mit Implantaten als auch mit körpereigenem Gewebe oder durch eine Kombination von beidem erreichen. Rekonstruktionen mit Implantaten haben den Vorteil, dass sie technisch weniger aufwändig sind und kürzere Operationszeiten erfordern, deshalb sind sie auch bei Patientinnen mit Risikofaktoren möglich. Da der Haut-Weichteil-Mantel nach einer Krebsoperation häufig nicht mehr ausreicht, muss zunächst ein Gewebedehner (Expander) eingesetzt werden. Jedoch ist die Anwendung begrenzt, da die örtlichen Reaktionen auf den Fremdkörper Implantat insbesondere bei vorbestrahlter Brustwand die Indikationen ebenso wie das ästhetische Ergebnis einschränken können.
Diesen Nachteil haben Rekonstruktionen mit körpereigenem Gewebe nicht. Diese Verfahren sind technisch zwar etwas aufwändiger, bieten aber den Vorteil, dass auf Implantate langfristig verzichtet werden kann. Die Verlagerung des großen Rückenmuskels als eine der Möglichkeiten verliert zugunsten anderer Methoden an Bedeutung. Für die Rekonstruktion der Brust mit körpereigenem Gewebe sind am besten Haut-Fett-Lappen geeignet, weil damit dauerhafte und ästhetisch überzeugende Ergebnisse zu erzielen sind. Das Standardverfahren stellt heute die freie mikrochirurgische Verpflanzung des sog. DIEP-Lappens dar. Das Gewebe vom Unterbauch wird zur Ausformung der Brust verwendet, die Durchblutung durch den mikrochirurgischen Anschluss der Blutgefäße an Gefäße in der Achselhöhle oder an der Brustwand gewährleistet. Der Verschluss des Hebedefektes erfolgt wie bei einer Bauchdeckenplastik. Alternativ kann Gewebe auch vom Gesäß (S-/I-GAP) oder vom Oberschenkel (TMG) gewonnen werden. Der Aufwand für eine solche Rekonstruktion ist am Anfang zwar etwas höher und erfordert eine besondere Qualifikation des Operationsteams, jedoch rechtfertigen bei solider Indikationsstellung die Ergebnisse diesen Einsatz. Das erforderliche Gewebe wird aus dem Spenderareal gewonnen, ohne die Funktion wie Stabilität oder Kraft wesentlich zu beeinträchtigen. Letzteres ist ein wesentlicher Nachteil der älteren Methode des gestielten TRAM-Lappens, bei dem zumindest einer der geraden Bauchmuskeln (Rektusmuskel) geopfert werden musste.
Die Rekonstruktion von Brustwarze und Warzenvorhof schließt eine Brustrekonstruktion meist ab. Sofern notwendig kann dies zeitlich mit der Angleichung der Gegenseite kombiniert werden.
Brustkrebsbehandlung
Brustkrebs ist die häufigste bösartige Geschwulsterkrankung bei Frauen in den westlichen Industriestaaten. Mit ca. 46.000 Neuerkrankungen in Deutschland pro Jahr stellt das Mammakarzinom nach wie vor die häufigste bösartige Erkrankung bei der Frau dar. Etwa jede 9. Frau ist während ihres Lebens selbst betroffen.
Bei frühzeitiger Erkennung und konsequenter Behandlung ist die Erkrankung heilbar. Zunehmend wenden sich betroffene Patientinnen an zertifizierte Brustzentren. Diese bilden die Grundlage für eine Behandlung auf der Basis festgelegter Qualitätskriterien und Leitlinien unter Zusammenschluss aller an der Therapie beteiligten Fachgebiete wie Radiologen, Gynäkologen, Plastischen Chirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Pathologen, Psychologen, Physiotherapeuten und Sozialarbeitern.
Entsprechend dem jeweiligen Befund wird gemeinsam mit der Patientin ein Behandlungskonzept erarbeitet. Die operative Behandlung des Brustkrebs hat mit der Einführung der brusterhaltenden Therapie einen wesentlichen Aspekt hinzu gewonnen. Operative Eingriffe an der Brust sollten entsprechend den Leitlinien der zuständigen Fachgesellschaften von speziell ausgebildeten Ärzten vorgenommen werden. In der überwiegenden Zahl der Fälle kann durch moderne Verfahren der Diagnostik eine Abklärung von Art und Ausdehnung einer Krebserkrankung der Brust bereits vor einer Operation erfolgen. Damit ist eine Vielzahl operativer Probeentnahmen verzichtbar.
Es gibt auch keinen Grund, dass sich die Patientin innerhalb von nur ein oder zwei Tagen für eine bestimmte Behandlung entscheiden muss. Patientinnen mit Brustkrebs haben einen Anspruch, bereits vor der ersten Operation über Möglichkeiten und Alternativen der Operations- und Behandlungsverfahren ebenso wie über primäre und sekundäre Rekonstruktionsverfahren umfassend aufgeklärt zu werden.
Dafür ist es sinnvoll nicht nur die eigentliche Erstoperation sondern auch die weitere operative Planung und das Nachbehandlungskonzept einzubeziehen. Patientenverbände und Selbsthilfegruppen mahnen an, dass die Betroffenen noch zu selten eine umfassende Aufklärung über alternative Operationsverfahren erfahren.
Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie
Die häufig synonym verwandten Begriffe „kosmetische“ oder „Schönheitschirurgie“ sind nicht geschützt. D. h. es bedarf keiner speziellen Ausbildung, wenn ein Arzt in seiner Bezeichnung diese Begriffe führt. Demgegenüber muss der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie eine mindestens sechsjährige Weiterbildung an einer durch die Ärztekammern zugelassenen Weiterbildungsklinik leisten. In dieser Zeit sind auch eine bestimmte Zahl plastisch-ästhetischer Operationen vorgeschrieben. Die Bezeichnung darf nur führen, wer vorgeschriebene Inhalte der Weiterbildung absolviert und schließlich eine Prüfung vor der Ärztekammer bestanden hat. Deshalb kann man in diesem Zusammenhang nur den Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie als sozusagen geschützte Bezeichnung anerkennen.
Unsere vordringliche Aufgabe sehen wir darin, Patienten, die sich für solche Eingriffe interessieren, nicht allein über grundsätzliche technische Möglichkeiten und Alternativen zur Veränderung bestimmter Merkmale zu informieren, sondern vor allem auch eingehend darüber zu beraten, ob eine Operation zur Lösung des Problems überhaupt geeignet ist und selbstverständlich auch welche Risiken damit im Zusammenhang stehen. Dazu reicht ein Gespräch erfahrungsgemäß nicht aus. Es kann also durchaus möglich sein, dass der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie seinem dem Patienten auch mitteilt, dass ein operativer Eingriff nicht geeignet ist, das angesprochene Problem zu beseitigen.